„Warum liefert mir die KI keine brauchbaren Ergebnisse?“ – diese Frage hört die Leadership-Spezialistin Susanne Drews oft. Einer ihrer Kunden hatte gerade seine Verkaufszahlen in ein KI-Tool hochgeladen – und bekam statt klarer Auswertungen nur Textwüsten zurück. Kein Diagramm, keine Analyse, keine Struktur.
Das Problem: Er hatte schlicht das falsche Werkzeug gewählt. Nicht jede KI kann mit Zahlen umgehen. Manche Systeme sind auf Sprache spezialisiert, andere auf Daten oder Bilder.
Susanne Drews unterstützt Führungskräfte dabei, KI gezielt einzusetzen – nicht als Modeerscheinung, sondern als Werkzeug, das Prozesse vereinfacht, Entscheidungen verbessert und Teams entlastet.
Im Gespräch mit Verve Consulting erklärt sie, wie Führungskräfte lernen können, mit KI auf Augenhöhe zu arbeiten und warum es so wichtig ist, die richtigen Fragen zu stellen.
Sie arbeiten täglich mit Führungskräften, die KI ausprobieren oder einführen wollen. Wo sehen sie aktuell die größten Missverständnisse im Umgang mit Künstlicher Intelligenz?
Es gibt eine große Diskrepanz zwischen dem Wissensstand und was die KI wirklich kann. Manche unterschätzen sie komplett und andere wiederum überschätzen das Können der KI.
Es bedarf deutlich mehr Aufklärung und Trainings, um Führungskräften zum einen den Nutzen besser aufzuzeigen, was man wirklich mit KI machen kann und was man lieber selber erledigen sollte.
Auf der anderen Seite sehe ich, dass viele große Angst haben, etwas falsch zu machen. Dabei geht es ja darum, mit der KI spielerisch zu erfahren, was möglich ist. Wir müssen eine Neugier entwickeln und Spaß daran haben, die KI zu nutzen.
Wieviele Führungskräfte nutzen in Deutschland schon KI, gibt es Statistiken?
Das kommt sehr auf die Branche drauf an. Eine FAZ-Studie vom September 2025 zeigte, dass 38 % der Senior-Führungskräfte (18 % häufig, 20 % gelegentlich) aktiv KI nutzen. Wohingegen laut einer Cloudera-Erhebung (Oktober 2025) 96 % der IT-Führungskräfte KI zumindest teilweise in ihre Geschäftsprozesse integriert haben.
Es ist also wirklich sehr unterschiedlich. Ich selber habe fast täglich mit Führungskräften zu tun, die noch mit den Grundfunktionen von ChatGPT hadern. Sie benutzen die KI, sind jedoch noch sehr am Anfang dieser Entwicklung.
Viele nutzen Tools wie ChatGPT, Claude oder Gemini – und sind frustriert, weil sie „nichts Gescheites“ zurückbekommen. Woran liegt das?
Das liegt daran, dass wir denken, wir können einen allgemeinen oder generellen Prompt schreiben und bekommen etwas Tolles zurück. Die KI ist immer nur so gut, wie der Input, den sie bekommt. Wir müssen lernen, uns mehr Zeit zu nehmen, einen guten strategischen Prompt zu erstellen.

Wie lernt man, gute Prompts zu formulieren?
Haha, das ist genau die Frage. Üben, üben und üben. Das kommt mit der Zeit. Natürlich gibt es Grundregeln, die stets angewandt werden sollten, wie zum Beispiel der KI eine Rolle zu geben.
Oder die Beschreibung der Aufgabe zu konkretisieren und auch festzulegen, wie das Ergebnis erstellt werden sollte, als Dokument, Tabelle oder Grafik.
Ich habe mir beispielsweise einen eigenen Custom GPT erstellt, der meine Prompts verbessert. Ich habe ihn genau nach den Regeln trainiert und er hilft mir, meine Prompts noch strategischer und konkreter zu machen.
Welche Tools empfehlen sie Führungskräften, um überhaupt ein Gefühl für das Potenzial von KI zu bekommen?
ChatGPT ist unser Schweizer Taschenmesser, das ich jedem empfehle und zwar wenigstens in der Plus Version, um Projekte anzulegen und Custom GPTs zu erstellen. Claude von Anthropic ist super zur Analyse von Daten und der Erstellung von Texten.
Gamma ist ein gutes Tool für Präsentationen und Dokumente, ich nutze es wirklich oft.
Wer viel auf LinkedIn unterwegs ist und keine Lust auf ständige Selfies hat, dem empfehle ich Freepik. Ich habe dort meinen eigenen Avatar erstellt, mit dem ich professionelle Fotos von mir erstellen kann. Mein Fotoshooting im Büro sozusagen.
Welche Aufgaben lassen sich schon heute realistisch an KI abgeben – und wo bleibt der Mensch unverzichtbar?
Alles, was wir täglich oder wöchentlich wiederholen und was immer dem gleichen Schema folgt, kann die KI übernehmen. Das sind zum Beispiel Automatisierungen von E-Mails, Updates in Excel Tabellen oder Meeting Notes.
Idealerweise schaffen wir uns so mehr Zeit, um wieder mehr mit unseren Mitarbeitern zu reden. Einfach mal einen Kaffee trinken und fragen: “Wie geht es dir?” Vor lauter E-Mails und Meetings haben wir vergessen, dass das doch unsere Führung ausmacht. Und das kann nur der Mensch.
Was verändert sich in der Führungsarbeit, wenn KI selbstverständlich Teil des Alltags wird?
Unser Tagesablauf wird sich verändern, da wir eben nicht mehr so viel Zeit auf diese Arbeiten wie E-Mails beantworten oder Meetings organisieren aufwenden müssen.
Momentan sehe ich, wie der Druck von oben vom Vorstand in vielen Unternehmen zunimmt, da erwartet wird, dass mit Einführung der KI alles gleich schneller, effizienter funktioniert und die Zahlen nach oben gehen.
Das ist ein Trugschluss. Als Führungskräfte werden wir uns mehr und mehr mit den Tools auseinandersetzen, um zu schauen, welches das optimale Tool für unser Unternehmen ist.
Es geht nämlich nicht darum, die meisten Tools zu haben, sondern einen minimalen Einsatz von den für unser Unternehmen optimierten Tools zu entscheiden.
Welche Fähigkeiten werden für Führungskräfte immer wichtiger im Zeitalter der KI?
Führungskräfte werden zu Allround-Talenten. Es wird erforderlich sein, ein gewisses KI-Wissen zu haben, egal welche Branche. Der strategische Einsatz der Tools wird von Führungskräften entschieden.
Zudem werden sie viel mehr in ihr Team integriert, das Aufbauen von Vertrauen im Team, Erkennen, wenn ein Teammitglied unsicher ist, zwischenmenschliche Beziehungen werden immer wichtiger. Wir haben momentan vier verschiedene Generationen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist ein schwieriges Pflaster.
Es ist wichtig zu wissen, wie diese Generationen funktionieren, was sie jeweils benötigen, um ihren Job gut zu machen. Kommunikation ist ein großes Thema. Genauso wie Empathie und die Fähigkeit, sich flexibel an unterschiedliche Situationen anpassen zu können. Selbstführung und Resilienz sind da unabdingbar.
Wir leben in einer Zeit der Schnelllebigkeit und des Wandels. Umso wichtiger, dass die Führungskräfte wissen, für welche Werte sie einstehen und diese jeden Tag ihrem Team vorleben. Die KI wird unser Co-Pilot. Wir müssen also jetzt lernen, ihr einen menschlichen Rahmen zu geben.